In Eis gemeisselt

Ice & Iron

für Walter Magazin
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Es gibt Momente im Leben, in denen wird dir nichts geschenkt. Auf einem zugefrorenen See in Schwedisch Lappland kann das so sein, wenn dich Patrick Simon um einen Fahrzeugtausch bittet. Da kannst du nicht viel machen, er ist der Veranstalter von Ice & Iron. Du kannst lachen oder heulen, wie ein kleines Kind, das hinfällt und sich entscheiden muss. So fühlst du dich für eine Sekunde, wenn du aus dem zierlichen Porsche 964 Carrera 2 rausgefunkt wirst, um die zweite Hälfte des Tages im Mercedes-Benz 450 SLC (C107) zu verbringen. Willst nicht motzen, wird schon werden mit dir und dem dicken Ding. Also rein in die Kiste mit dem langen Radstand (2.815 mm), Heckantrieb, sowieso. Du erwartest nichts und schon gar nicht, saubere Runden aufs Eis zu zirkeln. Heilige Scheiße, du wirst dich so täuschen …

Keine Ausrede, unendliche Weite, beste Bedingungen. Nur du, das Auto aus dem Schwabenland und die Strecke – okay, noch sieben andere Teilnehmer, von denen einer jetzt im Porsche sitzt, egal, nachtreten ist nicht.

Der 450 SLC begrüßt dich ein wenig lauter als der Elfer – weil er es kann. Der dumpfe Sound des 5-Liter-V8, ein tiefes sonores Grollen, ordnet deine Gedanken neu. Du stellst dir vor, wie der Motor von minus bis plus 40 Grad Celsius unkaputtbar ist. Du hast noch keine Frage gestellt und er gibt dir schon so viele Antworten, während du versuchst, die Gravitation vom Fahrersitz aus zu spüren, dich von Runde zu Runde näher an die Grenze der Traktion zu tasten. Die kurzen Spikes krallen sich in die dicke Eisschicht, verhindern lange, dass die Räder rutschen. Bis du den mutigen Gasstoß zu viel gibst, das Auto am Kurveneingang anstellst und dich von Mal zu Mal an die richtige Dosierung des rechten Pedals rantastest.

Schnell fühlt es sich an, als hättest du den Code geknackt, das Fahrzeug im Griff. Doch der 450 SLC kann immer ein bisschen mehr als du selbst.